Steuer- & Rechtstipps

Maßgeblicher Zeitpunkt für die steuerliche Bewertung bei Grundbesitzübertragungen

Gegen Ende des Jahres 2018 herrschte bei vielen Anwälten, Steuerberatern und Notaren reger Betrieb. Der Grund hierfür war mitunter, dass in Bayern seit dem 01.01.2019 neue Bodenrichtwerte gelten. Die Bodenrichtwerte werden mindestens zum Ende jedes zweiten Kalenderjahres ermittelt, § 196 BauGB. Gerade in München und Umgebung ist mit einer weiteren Steigerung der Bodenrichtwerte zu rechnen, weshalb viele Privatpersonen noch versuchten, im Jahre 2018 Immobilieneigentum zu übertragen. Dabei ergeben sich regelmäßig wiederkehrende Probleme: Zunächst ist es problematisch, überhaupt noch einen Notartermin zu ergattern. Gelingt dies, ergibt sich oftmals das Folgeproblem, dass diesen Termin nicht beide Parteien - Übergeber und Erwerber - wahrnehmen können. Als Konsequenz aus diesen Problemen ergeben sich wiederum interessante rechtliche Fragestellungen:

  • Ist es überhaupt ausreichend, die Beurkundung noch im alten Jahr vorzunehmen oder kommt es auf die Umschreibung im Grundbuch an?
  • Wenn der Vertragsschluss an sich ausreichend ist, ist es sodann notwendig, dass beide Parteien beim Notar anwesend sind oder reicht es aus, wenn eine Partei die andere Partei als vollmachtloser Vertreter im Termin vertritt und der Vertretene das Rechtsgeschäft im neuen Jahr nachgenehmigt?

I. Notarielle Beurkundung und Grundbuchumschreibung vor Umstellung der Bodenrichtwerte

Beispiel

Mutter M überträgt an ihr Kind K im Jahre 2018 ihr selbstgenutztes Wohnheim. Der Notartermin findet im Oktober 2018, die Grundbuchumschreibung im Dezember 2018 statt.

Diese Konstellation ist unproblematisch. Die Schenkungsteuer entsteht mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung, § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Erforderlich ist wegen der Maßgeblichkeit des bürgerlich-rechtlichen Vorgangs die zivilrechtliche Wirksamkeit und Endgültigkeit der Zuwendung. Bei Grundstücksschenkungen ist demnach an sich zur Prüfung des Zeitpunkts der Ausführung der Schenkung auf den zivilrechtlichen Eigentumserwerb durch Umschreibung im Grundbuch abzustellen, § 873 BGB. Da hier die Umschreibung bereits im Jahre 2018 erfolgte, wären auch noch die „alten“ Bodenrichtwerte zugrunde zu legen.

II. Notarielle Beurkundung vor Grundbuchumschreibung, nach Umstellung der Bodenrichtwerte

Beispiel

M überträgt an K ein Grundstück in München und ein Grundstück in Hannover. Die notariellen Beurkundungen erfolgen jeweils im Oktober 2018. Die Grundbuchumschreibung erfolgt in München im Dezember 2018 und in Hannover im Januar 2019.

Oben wurde bereits der Grundsatz dargestellt, dass es an sich auf den zivilrechtlichen Eigentumserwerb durch Umschreibung im Grundbuch abzustellen ist. Damit wären jedoch die Beteiligten den Zufälligkeiten des Geschäftsgangs beim Grundbuchamt unterworfen, was zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung führen würde. Demzufolge gilt die Schenkung eines Grundstücks bereits dann als ausgeführt, wenn die Auflassung erklärt ist und die Eintragungsbewilligung formgerecht abgegeben wurde (vgl. Krauß, Vermögensnachfolge in der Praxis, 5. Auflage, Rn 4546 ff). Beides ist im notariellen Standard-Übergabevertrag üblicherweise enthalten. Im Vertrag selbst wird aufgeführt, dass sich die Beteiligten über den Eigentumsübergang am Vertragsobjekt einig sind (Auflassung gem. § 925 BGB). Zudem bewilligen und beantragen die Parteien, den Eigentumswechsel im Grundbuch einzutragen (Eintragungsbewilligung). Letztlich erhält der Notar in der notariellen Urkunde eine Vollzugsmacht, sprich der Notar wird umfassend beauftragt und bevollmächtigt, alle Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, die zur Wirksamkeit der Urkunde und zu ihrem grundbuchamtlichen Vollzug erforderlich sind oder sachdienlich erscheinen.

III. Notarielle Beurkundung vor Umstellung der Bodenrichtwerte durch lediglich eine Vertragspartei und Nachgenehmigung des Rechtsgeschäfts durch die andere Partei nach Umstellung der Bodenrichtwerte

Beispiel

M überträgt eine Immobilie an K. Die notarielle Beurkundung findet im Dezember 2018 statt. Da K keine Zeit hat, an dem Termin teilzunehmen, tritt M als vollmachtloser Vertreter auf. K genehmigt den Vertrag im Januar 2019 in öffentlich beglaubigter Form nach.

Da sich das Steuerrecht grundsätzlich am Zivilrecht orientiert, könnte man auch hier der Auffassung sein, dass die nachträgliche Genehmigung ausreichend ist. Im Zivilrecht führt die Genehmigung zu einer Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts ex tunc. Das bedeutet, dass so getan wird, als wäre das Rechtsgeschäft von Anfang an wirksam gewesen, §§ 177, 184 BGB. Hierin liegt jedoch eine Stolperfalle und ein erhebliches Haftungsrisiko für den Berater verborgen. Anders als im bürgerlichen Recht wirken behördliche, gerichtliche oder privatrechtliche Genehmigungen nicht auf den Tag des Vertragsschlusses zurück, so dass die Schenkung frühestens mit Erteilung der Genehmigung ausgeführt sein kann (vgl. Krauß, Vermögensnachfolge in der Praxis, 5. Auflage, Rn 4552). In der Konsequenz hätte K also zum Notartermin erscheinen müssen. Alternativ hätte er bereits vorab eine Vollmacht in grundbuchtauglicher Form vorlegen bzw. die Genehmigung noch im Jahre 2018 erteilen müssen.

Für den Berater sind diese Grundsätze zwingend zu beachten. Gerade wenn Übertragungen am Jahresende notwendig werden, lohnt es sich, noch einmal einen Blick in die maßgebende Richtlinie zu werfen, hier beispielsweise R E 9.1 ErbStR 2011.

München, Januar 2019

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