Erbrecht Online

§ 3 - Die gesetzliche Erbfolge

24. Jul 2021

6. Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten bei Trennung und Scheidung

Solange die Eheleute nur getrennt leben, behalten sie ihr Erbrecht. Es entfällt, wenn die Ehe rechtskräftig geschieden oder aufgehoben ist.

Für alle nach dem 30.06.1977 rechtshängig gewordenen Scheidungsverfahren sind das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten sowie das Recht auf den Voraus ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte (§ 1933).[1] Eine entsprechende Regelung gilt im Falle einer letztwilligen Verfügung (§ 2077). Die Zustimmung muss gegenüber dem Familiengericht erfolgen.[2] Die Zustimmung kann auch im Verfahrenskostenhilfeverfahren gegeben werden, wird aber erst mit dem Entstehen des Prozessverhältnisses, d. h. mit der Rechtshängigkeit, wirksam.[3] Die förmliche Zustellung der Antragsschrift ist erforderlich.[4] Verstirbt der Ehegatte zwischen der Einreichung des Scheidungsantrags bei dem Familiengericht und der Zustellung durch das Gericht, geht das Erbrecht des überlebenden Ehegatten nicht verloren. Hatte der überlebende Ehegatte die Scheidung allein beantragt, fehlt jedoch die Zustimmung des verstorbenen Ehegatten, bleibt sein gesetzliches Erbrecht erhalten.[5]

Eine Zugewinnausgleichsforderung eines verstorbenen Ehegatten ist nicht vererblich, wenn er diese in einem Scheidungsverfahren rechtshängig gemacht hat, aber vor der Scheidung gestorben ist.[6]

Mit dem Verlust des gesetzlichen Erbrechts entfällt auch das Pflichtteilsrecht des Ehegatten. Trotz des verloren gegangenen Erbrechts kann der überlebende Ehegatte aber im Fall der Zugewinngemeinschaft den Zugewinnausgleich von dem Erben des verstorbenen Ehegatten beanspruchen (§ 1371 II). Für die Berechnung des Zugewinns ist nicht der Zeitpunkt des Todes des Erblassers, sondern die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags maßgebend.[7]

Der überlebende Ehegatte, der nach dem seit 30.06.1977 geltenden Recht geschieden worden ist, kann von dem Erben Unterhalt verlangen (§§ 1569 ff, 1586 b). Sein Unterhaltsanspruch erlischt nicht. Dieser Anspruch stellt einen Ausgleich für die verloren gegangenen gesetzlichen Ansprüche dar, die der Ehegatte vor der Scheidung hatte. Der Erbe hat die Unterhaltspflicht als Nachlassverbindlichkeit zu erfüllen. Ein bereits gegen den unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten vorliegender Unterhaltstitel kann auf den Erben umgeschrieben werden (§ 727 ZPO).[8] Der Erbe haftet jedoch nicht über einen Betrag hinaus, der dem Pflichtteil entspricht, der dem Ehegatten zustünde, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre. Bei der Berechnung dieses Betrages ist von dem Gesamtnachlass im Zeitpunkt des Todes des Unterhaltsverpflichteten auszugehen. Für die Berechnung der Haftungsgrenze sind auch zur Pflichtteilsergänzung führende Schenkungen mit einzubeziehen.[9] Besonderheiten aufgrund des Güterstandes bleiben außer Betracht. Bei dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft gibt es deshalb keine Erhö­hung des Erbteils um 1/4. Dementsprechend kommt auch keine Erhöhung des fiktiven Pflichtteilsbetrages in Betracht.

Der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte hat beim Tod des Unterhaltsverpflichteten gegen den Erben einen Auskunftsanspruch über den Bestand des Nachlasses und die ausgleichspflichtigen Zuwendungen des Erblassers.[10]

Erhebt der Erbe den Einwand, die auf ihn übergegangene Unterhaltsverpflichtung sei weggefallen, muss er für bereits fällige Unterhaltsansprüche in der Vergangenheit eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) erheben.[11] Hinsichtlich der Abänderung des künftigen Unterhalts kommt eine Abänderungsklage (§ 238 FamFG) in Betracht.[12]

7. Das Geschiedenentestament

Will der Erblasser verhindern, dass sein ehemaliger Ehegatte gesetzlicher Erbe der Abkömmlinge bei deren (vorzeitigen) Tod wird, ist die Errichtung eines Geschiedenentestaments[13] zu empfehlen.

Muster:

„Ich setze meine Kinder Anton und Barbara als (befreite) Vorerben ein. Nacherben sind jeweils diejenigen Personen, die Erben der Vorerben werden. Mein geschiedener Ehegatte Ernst kann nicht Nacherbe werden. Mit seinem Tod entfällt die Nacherbfolge, so dass die Vorerben dann Vollerben werden. Die jeweiligen Abkömmlinge eines jeden Kindes werden zu Ersatzerben eines vorverstorbenen Kindes bestimmt.“

[1]       BGH FamRZ 1995, 229; Czubayko, ZEV 2009, 551
[2]       BGH FamRZ 1995, 229; BayObLG FamRZ 1996, 760; OLG Köln NJW 2013, 2831
[3]       OLG Zweibrücken NJW 1995, 601
[4]       BGH NJW 1990, 2382
[5]       Palandt-Weidlich, § 1933 Rn. 1
[6]       BGH FamRZ 1995, 597
[7]       BGH ZEV 2004, 159
[8]       BGH NJW 2004, 2896
[9]       BGH NJW 2007, 3207; BGH NJW 2001, 828; OLG Koblenz NJW 2003, 440
[10]     AG Bad Homburg FamRZ 2007, 1771
[11]     OLG Hamm FamRZ 1992, 583
[12]     BGH FamRZ 1989, 159
[13]     Wagner, ZEV 1997, 369

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